Der Holunder

Das Wort Holunder stammt vom altdeutschen Wort Holuntar (Holun= hohl, heilig, günstig, gnädig) ab. Tar kommt von Baum oder Strauch. Der lateinische Name des Strauchs, Sambucus, geht wahrscheinlich auf die Sambuche zurück, ein harfenähnlikches, altgriechisches Instrument, das aus Holunderholz gefertigt wurde.

Allein in der deutschen Sprache gibt es viele Ausdrücke für den Holunder:
Attich, Alhorn, Elder (engl.), Ellhorn, Fliederbusch, Holder, Holler u.v.a.

Holunder (Sambucus) ist ein bis zu 15 m hoch wachsender Strauch oder Baum  und gehört zur Familie der Moschuskrautgewächse. Er kann bis zu 100 Jahre alt werden und ist in Europa, Nordafrika, Nordamerkia sowie Asien heimisch. Die Gattung enthält weltweit etwas über zehn Arten. In Mitteleuropa sind drei Arten heimisch: Schwarzer Holunder, Roter Holunder und Zwergholunder (Attich).

Bei uns ist hauptsächlich der Schwarze Holunder (Sambucus nigra) beheimatet. Er erreicht etwa 7 Meter Höhe. In wilder Form wächst er als Strauch, kultiviert wird er als Baum erzogen. Von Mai bis Juli sieht man den Holunder in seiner vollen weißen Blütenpracht.  Ab August entwickeln sich aus den Blüten fünf bis sechs Millimeter große, kugelförmige dunkelviolett bis schwarze Steinfrüchte. Ihr Saft schmeckt herb – säuerlich und färbt stark.

Aber Achtung! Der Verzehr von rohen, unreifen oder auch reifen Holunderbeeren kann Übelkeit, Erbrechen und Durchfall auslösen! Darum sollten die Beeren immer für kurze Zeit auf 100 Grad erhitzt werden. Dadurch zerstört man den giftigen Stoff Sambunigrin. Die gesunden Flavonoide (sekundäre Pflanzenwirkstoffe) bleiben jedoch erhalten und sind auch nach dem Kochen auf unseren Körper wirksam.

Im Garten nimmt der Hollerbusch mit jedem Standort vorlieb. Er mag bevorzugt einen nicht zu trockenen und vor allem nährstoffreichen Boden. Deshalb wurde er früher besonders gerne in der Nähe des Kompostplatzes angepflanzt aber er kann natürlich an jeder beliebigen Stelle des Gartens gepflanzt werden. Seine Eigenschaft, unverwüstlich zu sein, ist heute immer noch ein Symbol für seine starke Lebenskraft. Außerdem stand er für Beständigkeit und war der Wohnort der guten Hausgeister. In weiten Bereichen Europas war es eine mütterliche Gestalt, die  den Holunder bewohnt. Sie schützt, nährt und heilt, straft jedoch bei Fehlverhalten.

„Geist der Großen Göttin, des Lebens und des Todes“

Der Holunder gehört zu den magischsten Pflanzen überhaupt. Es gibt unzählige Bräuche und Mythen über ihn. Im Grunde genommen verkörpert der Holunder das altertümliche Prinzip der mehrgestaltigen Naturwesen, die Tod und Wiedergeburt in sich vereinen. Dementsprechend statten die Überlieferungen die Pflanze mit schützenden, aber auch mit bedrohlichen Eigenschaften aus.

Die Namensähnlichkeit mit Holda, die Muttergöttin aus der germanischen Mythologie, ist nicht zufällig. Der Name Holda („die Holde” auch Hulda, Holla,  Percht, Hel) bedeutet die „Glänzende“, die „Strahlende“. Sie ist die freundliche, mildtätige Göttin oder die unholde Todesgöttin. Sie gilt auch als Göttin des Winters. Ihr ist der Holunder heilig.
Holda – auch als Hausgöttin verehrt – wurden Opfergaben zum Hollerbusch gebracht. Sie war auch die Schutzpatronin für Menschen und Pflanzen und vermochte Menschen von Krankheiten zu heilen. In ihr vereinen sich die Güte von Mutter Erde und das Strahlen des Himmelslichts gleichermaßen.

Im Grimm-Märchen „Frau Holle“ schüttelt sie die Betten und lässt es auf Erden schneien. Die weißen Blüten des Holunders werden so in Federn verwandelt und als Schnee auf die Erde geschüttelt. Das weist auch auf ihren Aspekt als Göttin von Tod und Wiedergeburt hin. Holla legt mit dem Schnee die Lebendigkeit auf der Erde still, ruft die Kraft der Menschen, Tiere und Pflanzen in die Tiefe und lässt sie regenerieren. Der Ursprung dieses Märchens liegt weit zurück in vorchristlicher Zeit. Ein Mensch, der nach den Gesetzen der Göttin lebte und gut und edel war, wurde von ihr stets reichlich belohnt. Und die Menschen glaubten, wer den Weg des Lichtes gehe, den überschüt­te sie mit Erkenntnis und Weisheit. Später wurde allerdings dieser ideelle Lohn in harte praktische Goldtaler umgewandelt. In der Zeit, in der die Menschen an das göttliche Walten der Frau Holle glaub­ten, war es streng verboten, einen Ho­lunderbusch zu fällen oder zu beschä­digen. Man glaubte, wer ihn fälle, wer­de unweigerlich von einer Krankheit befallen. Noch aus dem 17. und 18. Jahrhundert wird berichtet, dass die Menschen den Busch um Verzeihung baten, wenn sie ihn fällen mussten, um zum Beispiel Heilmittel herzustellen. Nach der Verbreitung des Christen­tums wurde der alte Brauch, an Quel­len und unter Holunderbäumen zu be­ten und zu opfern, mit hohen Strafen belegt. Und bald wurde nach dem Wil­len der christlichen Kirche aus der wei­sen und gütigen Lichtgöttin ein ge­fährlicher Spukgeist. Die christliche Kirche machte mit dem Naturkult schnell Schluss und schickte die Gläubigen in ordentliche Kirchen. Doch die alten Bräuche haben sich gehalten.

So heißt es vielerorts bis heute, man möge vor einem Holunderstrauch den Hut ziehen oder sich verneigen.

„Die Apotheke des kleinen Mannes“

Der Holunder fehlte früher in keinen Bauerngarten. Mit ihm hatte man auch die Grundstoffe der Hausapotheke vor der Türe: in Maßen dosiert wurden rohen Holunderbeeren, frische Rinde und Blätter als Brech- und Abführmittel benutzt. Die getrockneten Holunderblüten verwendete man als Tee wegen seiner schweißtreibenden Wirkung. 
Rinde, Blätter und Beerensaft wurden als Färbemittel für Stoffe und Haare verwendet.

Holunderblüten in der Volksheilkunde

Die kleinen Blüten sind gelblich-weiß und haben einen charakteristischen süßlich-aromatischen Geruch. Sie haben einen hohen Gehalt an sekundären Pflanzenstoffen (Flavonoide), ätherischen Ölen, Pflanzensäuren und Schleim- und Gerbstoffen. Das Zusammenspiel dieser Inhaltsstoffe sorgt für eine blutreinigende und abwehrstärkende Wirkung.

Der bekannte Holunderblütentee (getrocknete Blüten) wird in der Volksmedizin als schweißtreibendes Mittel bei fieberhaften Erkältungskrankheiten und Blasenerkrankungen eingesetzt. Vorbeugend empfiehlt sich eine Kur von zwei Tassen täglich über zwei Wochen, die auch stimmungsaufhellend wirken kann, wohl durch die allgemeine Entschlackung des Körpers.

Im Erkältungsfall wird je eine Tasse mit zwei gehäuften TL (= ca 4g) getrockneter Blüten mit kochendem Wasser übergossen. Den Tee 5 bis 8 Min. ziehen lassen und dann durch ein Teesieb filtern. Mehrmals täglich, besonders abends, sollten ein bis zwei Tassen so heiß wie möglich getrunken werden.  Der Tee wirkt auch harntreibend, mildert Verdauungsprobleme und Blähungen. Kalt und äußerlich angewendet, bessert er unreine Haut. 

Holunderbeeren in der Volksheilkunde

Die gereiften Steinfrüchte (umgangssprachlich Beeren) des Holunders haben fünf bis sechs Millimeter im Durchmesser und eine glänzend-schwarze bis schwarz-violette Färbung. Sie schmecken süß-säuerlich und sind nur nach dem Erhitzen genießbar. Holunderbeeren sind die Teile der Holunderpflanze, die am vielseitigsten zu verwenden sind und einen besonders hohen Heil- und Nährwert haben. Die Holunderbeeren enthalten neben ätherischen Ölen, Fruchtsäuren, Vitamine (Vitamin C, Vitamin A, Beta-Karotin, Vitamin B1, B2), Gerbstoffe, Bitterstoffe, Mineralstoffe wie Eisen, Kalium, Kalzium und Phosphor. Vor allem der Anteil an sekundären Pflanzenstoffen (Flavonoide), der violett-schwarzen Pflanzenfarbstoffe, ist deutlich höher als bei anderen Obst- und Gemüsesorten. Diese schützen die Zellmembranen vor Veränderungen durch sogenannte Freie Radikale. Dadurch werden Viren, wie zum Beispiel Grippeerreger, davon abgehalten, in die Zellen einzudringen, und so an ihrer Verbreitung im Körper gehindert.

Die Beeren sollten immer für kurze Zeit auf 100 Grad erhitzt werden. Dadurch zerstört man den giftigen Stoff Sambunigrin. Die gesunden Wirkstoffe bleiben jedoch erhalten und sind auch nach dem Kochen auf unseren Körper wirksam. Der gekochte Saft aus den Beeren (Muttersaft oder Direktsaft) ist ein sehr bekanntes Hausmittel und wird bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten angewendet.